Passionen #Paare - Kreuzgangspiele Feuchtwangen

Der August verspricht bestes Sommerwetter - doch die Spielzeit der Kreuzgangspiele Feuchtwangen biegt langsam aber sicher auf die Zielgerade ein. Aus bekannten Gründen musste das geplanten Inszenierungen von "Dracula" und "Ende gut, alles gut" auf das kommende Jahr verschoben werden, doch für die Feuchtwanger Verantwortlichen um Intendant Johannes Kaetzler und Bürgermeister Patrick Ruh kam es nicht infrage, die komplette Spielzeit abzusagen - also wurde kurzerhand ein Sonderprogramm für diesen besonderen Sommer geplant.

Frei nach Boccaccios Novellensammlung "Decamerone" hat Intendant Johannes Kaetzler ein einzigartiges Projekt geschaffen. Jede Woche widmet sich das Ensemble der Kreuzgangspiele einem neuen Thema. Nach #Welt, #Glück, #Wünsche, #Herzschmerz und #Klugheit folgt nun #Paare.

Eine Gruppe von Frauen und Männern fasst nach einem Gottesdienst den Entschluss, das von der Pest geplagte Florenz zu verlassen und auf das Land zu ziehen, um dort Schutz vor der grassierenden Seuche zu finden. Sie stoßen auf einen leerstehenden Palast, der ihnen fortan Obdach bietet - im Garten dieses Palastes finden sie sich fortan jeden Nachmittag zusammen, um sich die Zeit gemeinsam mit dem Erzählen von Geschichten zu vertreiben.
Die von der Gruppe gewählte Königin bestimmt: Heute soll es um Paare gehen.

Sabine Sachse in "Passionen - #Welt" - Foto: Kreuzgangspiele Feuchtwangen

"Passionen #Paare" versammelt mit Andreas Wobig, Antje Otterson, Joseph Reichelt, Konstantin Krisch, Lea Aumann, Lennart Matthiesen, Lisa Ahorn, Pascal Pawlowski, Sabine Sachse, Ulrich Westermann, Urs Schleiff und Wolfgang Beigel insgesamt 12 Schauspielerinnen und Schauspieler auf der Bühne des Feuchtwanger Kreuzgangs. 

Die erste Erzählung handelt von Peronella (Lisa Ahorn), die zusammen mit ihrem Ehemann (Urs Schleiff), der sich sein Geld als Maurer verdient, ein einfaches Leben führt. Da ihr Mann oft den ganzen Tag auf der Suche nach Arbeit ist, vertreibt sie sich ihre freie Zeit mit ihrem Liebhaber, einem verführenden Casanova (Ulrich Westermann). Eines Tages kommt ihr Mann schon früher als gedacht nach Hause - geistesgegenwärtig befiehlt Peronella ihrem Liebhaber, sich in einem leeren Weinfass zu verstecken. Doch ihr Gatte kommt nicht alleine, er hat einen Interessenten (Wolfgang Beigel) für das Weinfass im Schlepptau. Peronella gibt ihren Liebhaber als weiteren Interessenten für das Fass aus, der in das Holzgefäß hineingeklettert sei, um den Zustand zu überprüfen, und lässt so ihren Ehemann weiter im Unwissen über ihre Affäre...

Im Anschluss gibt Andreas Wobig einen sehr unterhaltsamen, aber zeitweise auch leicht beängstigen Einblick in die Welt der Hühner und deren Pickordnung.

Weiter geht es mit der zweiten Erzählung aus Boccaccios "Decamerone":
Die beiden Männer Spinelloccio (Konstantin Krisch) und Zeppa (Joseph Reichelt) sind die besten Freunde. Auch ihre Frauen verstehen sich gut und so geht Spinelloccio bei Zeppa ein uns aus. Mit der Zeit verliebt er sich jedoch in Zeppas Frau (Sabine Sachse) und beginnt eine Affäre mit ihr. 
Eines Tages bemerkt Zeppas Gattin nicht, dass ihr Ehemann zuhause ist, und lässt Spinelloccio ein und bittet ihn in ihre Kammer. Zeppa, der alles mitbekommen hat, schmiedet einen Racheplan. So soll eine Frau ihren Liebhaber in die Kammer locken und ihn dort in eine Truhe einsperren. Geplagt von ihrer Schmach kommt sie Zeppas Bitte nach. 
Zeppa lässt Spinelloccios Frau (Lea Aumann) zu sich rufen, berichtet ihr von der Affäre ihres Mannes. Nicht wissend, dass dieser sich in der verschlossenen Truhe in der Kammer befindet, schläft sie aus Rache mit Zeppa. Als Zeppa im Anschluss seinen Freund aus der Truhe herauslässt, bittet Spinelloccio um Vergebung und sie kommen gemeinsam mit ihren Ehefrauen überein, fortan eine Beziehung zu viert zu führen.


Kein anderes Format schafft es, Musik so perfekt in die Erzählungen einzuflechten, wie die Feuchtwanger "Passionen". Direkt zu Beginn nehmen Lisa Ahorn, Konstantin Krisch, Antje Otterson und Lennart Matthiesen das Publikum mit in die Gefühlswelt von Männern und Frauen vor dem ersten Date. Es bleibt unterhaltsam, denn Pascal Pawlowski - unterstützt von Antje Otterson, Lisa Ahorn und Sabine Sache - erklärt höchstamüsant, warum nur der "Bossanova" Schuld hatte. 
Trotz allen Humors gibt die Passionen-Reihe auch emotionalen Momenten ihren Raum. Sabine Sachse berührt mit "Dream a little dream", während Andreas Wobigs "Waltzing Mathilda" direkt unter die Haut geht. 
Mit Fiona Apples "Paper Bag" setzt Joseph Reichelt eindrucksvoll den Schlusspunkt des Abends.

Die sechste Episode der "Passionen"-Reihe beweist einmal mehr, wie einmalig und besonders der diesjährige Theatersommer ist. Regisseur und Intendant Johannes Kaetzler ist mit dem Boccaccio-Projekt ein wahrer Glücksgriff gelungen. Ein wahres Glück ist es auch, dem Ensemble und seiner wahnsinnigen Spielfreude zusehen zu dürfen. 

Das ist - trotz aller Einschränkungen - Theater in seiner schönsten Form.

Noch bis Sonntag, den 9. August 2020, gibt es die Gelegenheit, mit den "Passionen" in die Welt der Paare einzutauchen. Ab Freitag, den 14. August, folgt dann die letzte Episode des Sommers - "#HappyEnd".
Karten und weitere Informationen zum Sonderspielplan 2020 gibt es wie gewohnt unter https://www.kreuzgangspiele.de/home.html.