Passionen #Wünsche - Kreuzgangspiele Feuchtwangen

7 Premieren in 3 Wochen - was sonst eher selten an Freilichttheatern zu erleben ist, machen die Kreuzgangsspiele Feuchtwangen mit ihrem Sonderspielplan 2020 möglich. Bereits im April musste das geplante Programm aufgrund der Coronapandemie auf das kommende Jahr verschoben werden, doch Intendant Johannes Kaetzler und die Stadt Feuchtwangen stehen - im Gegensatz zu vielen anderen Theatern - in diesen schwierigen Zeiten zur Kultur. 

Frei nach Boccaccios Novellensammlung "Decamerone" aus dem 14. Jahrhundert hat Johannes Kaetzler ein einmaliges Theaterprojekt für dieses besondere Jahr geschaffen. Unter dem Titel "Passionen" steht auf der Kreuzgangbühne jede Woche ein neues Thema im Mittelpunkt - nach #Welt und #Glück folgt nun: #Wünsche.

Eine Gruppe von Frauen und Männern fasst den Entschluss, das von der Pest geplagte Florenz zu verlassen und auf das Land zu ziehen, um dort Schutz vor der grassierenden Seuche zu finden. Sie stoßen auf einen leerstehenden Palast, der ihnen fortan Obdach bietet - im Garten dieses Palastes finden sie sich nun jeden Tag zusammen, um sich Geschichten zu erzählen. Die von der Gruppe gewählte Königin bestimmt - alle Erzählungen sollen sich um Wünsche drehen.


Foto: Kreuzgangspiele Feuchtwangen

"Passionen #Wünsche" versammelt mit Achim Conrad, Peter Heeg, Alexander Ourth, Antje Otterson, Chantale Schumacher, Doris Otto, Joseph Reichelt, Konstantin Krisch, Lennart Matthiesen, Lisa Ahorn, Meike Pintaske, Sabine Sachse, Ulrich Westermann und Wolfgang Beigel 14 Schauspielerinnen und Schauspieler auf der Bühne des Feuchtwanger Kreuzgangs. 

Den Auftakt macht die Geschichte von Masetto (Konstantin Krisch). Der junge Mann gab sich als taubstumm aus, um eine Stelle als Gärtner in einem Nonnenkloster (als Nonnen: Lisa Ahorn, Antje Otterson, Doris Otto, Chantale Schumacher, Meike Pintaske, Sabine Sachse und Lennart Matthiesen) zu erhalten. Als er eines Abends im Garten liegt, hört er, wie sich zwei junge Nonnen über das Gerede von Menschen außerhalb des Klosters unterhalten. Weltliche Wollust, so verbreiten es die Bürger*innen, sei noch schöner als alle klösterliche Hingabe zu Gott. Gemeinsam schmieden sie den Plan, es selber einmal auszuprobieren - natürlich mit dem jungen und gutaussehenden Masetto. Ihre Ausflüge bleiben nicht unbemerkt und bald muss dieser alle Nonnen inklusive der Äbtissin "bedienen".... 

Die zweite, große Erzählung des Abends dreht sich um die Liebe. 
Gilette von Narbonne (Lisa Ahorn) verliebt sich als Kind unsterblich in den gleichaltrigen Bertrand von Roussillon (Joseph Reichelt), der jedoch bald fortziehen muss. Die Jahre vergehen und auch als junge Frau gibt Gilette die Suche nach Bertrand nicht auf. Sie findet ihn in Paris, wo sie den König (Wolfgang Beigel) von einer schmerzhaften Krankheit heilen kann. Im Gegenzug verlangt sie, Bertrand heiraten zu dürfen. 
Aus Dankbarkeit gewährt ihr der König diesen Wunsch und die beiden werden - gegen den Willen von Bertrand - vermählt. Er flieht zum Militär und lässt seiner Ehefrau durch Boten übermitteln, nur zu ihr zurückzukehren, wenn sie seinen Ring, den er als altes Erbstück am Finger trägt, und ein gemeinsames Kind vorzeigen könne. Gilette lässt sich von dieser unmöglichen Bedingung nicht entmutigen und plant gemeinsam mit einer Edelfrau, deren Tochter eine Angebetete Bertrands ist, eine List. 
Ob Bertrands Herz erweicht und Gilettes Wunsch in Erfüllung geht, wird nicht verraten. Denn wie einige andere Schriftsteller griff auch William Shakespeare Geschichten aus Boccaccios "Decamerone" auf und verarbeitete die Erzählung von Gilette und Bertrand in seinem Werk "Ende gut, alles gut", das ursprünglich für diesen Sommer bei den Kreuzgangspielen gespielt werden sollte. Für alle Neugierigen gibt es die Auflösung der Geschichte nun im kommenden Jahr. 

Auch die Passion #Wünsche folgt dem Konzept, Boccaccios Novellen in neuen Theaterformen mit Musik aus der heutigen Zeit zu verbinden. "Always look on the bright side of life" gibt das Ensemble der Kreuzgangspiele einen Vorgeschmack auf das, was das Publikum bei #Wünsche erwartet. Tiefgründig geht mit einem französischen Chanson von Achim Conrad über Sehnsucht und Träume weiter. Doch auch der Humor kommt nicht zu kurz, zum Beispiel mit "Er gehört zu mir" in einer etwas klösterlichen Variante passend zur Geschichte von Masetto. Mit Sarah Conners "Ich wünsche dir" lässt Sabine Sachse den Abend nachdenklich und doch hoffnungsvoll ausklingen.

Johannes Kaetzler hat mit den "Passionen" etwas ganz Besonderes geschaffen. 
Das ist Theater in seiner pursten Form mit Schauspielerinnen und Schauspielern, die trotz aller Einschränkungen durch die Abstandsregelungen eine riesige Spielfreude zeigen.
Zum Glück stehen noch vier weitere Passionen auf dem Spielplan. #Wünsche macht definitiv Lust auf mehr.


Bis Sonntag, 19. Juli 2020, gibt es noch Gelegenheit, sich die Passion #Wünsche anzusehen - ab Donnerstag, 23. Juli 2020, folgt #Herzschmerz. Jede Passion steht für sich selbst - man braucht kein "Vorwissen" aus den vorhergehenden Abenden, um der Handlung folgen zu können. Karteninformationen und weitere Infos zu den Passionen und zum Sonderspielplan 2020 gibt es wie gewohnt unter https://www.kreuzgangspiele.de/sonderspielplan-2020.html