Auf-Brüche - Kafka-Lenz-Bachmann - Kreuzgangspiele Feuchtwangen

Was lange währt, wird endlich gut. Bereits seit 2016 arbeiten die beiden Schauspieler Achim Conrad und Thomas Hupfer an der Trilogie "Auf-Brüche", die das Kölner Theaterlabel movingtheatre.de in Zusammenarbeit mit den Kreuzgangspielen Feuchtwangen produziert. 
Vor sechs Jahren feierte "Lenz", inspiriert von Georg Büchners Novelle über den Sturm und Drang Dichter Lenz, Premiere, 2018 war dann "Kafka", das sich dem Leben und Wirken von Franz Kafka widmet, an der Reihe. Nun findet die Theaterreihe mit "Bachmann" über das Leben von Ingeborg Bachmann ihren Abschluss. 

Eine passende Gelegenheit, einen wahren Theatermarathon auf die Beine zu stellen - und alle drei Stücke hintereinander an einem Abend noch einmal auf die Bühne zu bringen. 

Kafka

Im Sommer 2018 war "Kafka" aufgrund des Nixelgartenumbaus im Garten des Fränkischen Museums zu sehen - eine Inszenierung, die im Zusammenspiel mit dem Museumsgarten einen ganz besonderen Zauber entfaltete. 

Das Naturtheater von Oklahoma nimmt neue Bewerber auf und jeder ist willkommen. Nicht jedoch K., der mit Verweis auf fehlende Legitimationspapiere abgewiesen wird. Durch seine Hartnäckigkeit darf er sich dennoch um eine Anstellung beim Theater bewerben und wird als einziger angenommen. Dennoch stößt K. immer wieder auf Ablehnung und muss die absurdesten Situationen bewältigen, bis er sich schließlich immer mehr zurückzieht. 

Das Grundgerüst für das Kafka-Projekt bildet Franz Kafkas Erzählung "Das Naturtheater von Oklahoma" aus dem Romanfragment "Der Verschollene", auch als "Amerika"-Fragment bekannt, dennoch finden sich auch Auszüge aus "Die Verwandlung", "Das Urteil" oder "Der Prozess" in der Textfassung von Achim Conrad und Thomas Hupfer.

Foto: Kreuzgangspiele Feuchtwangen (Foto aus 2018)

Wie bereits erwähnt, hatte die Inszenierung von "Kafka" im Museumsgarten einen ganz eigenen Zauber - Achim Conrad und Thomas Hupfer gelingt es, diesen Zauber in den Nixelgarten zu übertragen. Statt Stationstheater konzentriert sich die Inszenierung auf zwei Orte, die Nixelscheune und die Bühne im Nixelgarten. 

Eines ist aber natürlich gleich geblieben: Die überragende Spielfreude, mit der Thomas Hupfer als "K." und Achim Conrad, unter anderem als Torwächter und Engel, die knapp einstündige Ausarbeitung des Kafka-Stoffes bestreiten. 


Lenz

Bereits 2016 war "Lenz" bei den Kreuzgangspielen zu sehen - damals noch auf der Bühne im alten Nixelgarten. Große Anpassungen der damaligen Fassung sind somit nicht notwendig.

Das Stück orientiert sich an Georg Büchners Novelle "Lenz", in der er über den Aufenthalt des geisteskranken Sturm und Drang Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz beim Pfarrer Oberlin und dessen schwangerer Frau schreibt. 

Foto: movingtheatre.de

Einen großes Bühnenbild, das braucht "Lenz" nicht. Ein weißer Kasten, mehrere Steine, ein kleines künstliches Bäumchen und weitere kleine Requisiten, das reicht der Inszenierung vollkommen aus. 

Achim Conrad ist Lenz. Mit wahnsinniger Intensität bringt er den Sturm und Drang Dichter und seine schizophrenen Episoden auf die Bühne und arbeitet den schmalen Grad zwischen Geisteskrankheit und Lenz´ klaren Momenten herausragend heraus. 

Thomas Hupfer´s Oberlin scheitert daran, es sowohl Lenz als auch seiner schwangeren Frau recht machen zu wollen - erst, als es schon zu spät ist, schickt er Lenz weg. Diese Zerrissenheit bringt Thomas Hupfer herausragend auf die Nixelgartenbühne.

Anna Döing steht in mehreren weiblichen Rollen, u.a. als Oberlins schwangere Ehefrau Frederike auf der Bühne. Sie ist die Stimme der Vernunft an Oberlins Seite und überzeugt gerade in den emotionalen Momenten, zum Beispiel als das neugeborene Kind des Ehepaares stirbt. 


Bachmann

Seine Premiere bei den Kreuzgangspielen feiert in diesem Sommer nun das Stück "Bachmann", dass den Zuschauer*innen das Werk und Leben von Ingeborg Bachmann näher bringen will - bereits seit Sommer 2021 ist es am Freien Werkstatt Theater in Köln zu sehen.

Ein Leben zerrissen zwischen hohen Erwartungen der Gesellschaft und der eigenen Sehnsucht nach Liebe - das zeichnet die österreichische Lyrikerin Ingeborg Bachmann aus. Früh ist sie der Shooting Star der bis dahin männerdominierten Literaturwelt des 20. Jahrhunderts. In ihrem Leben voller Fragen, beispielweise zum Umgang mit dem immer noch vorhanden Faschismus oder der Suche nach der eigenen (künstlerischen) Stimme, gelingt es ihr nicht, ihr privates Glück zu finden, Liebhaber geben sich die Klinke in die Hand. 
All das führt zum frühen Ende eines schillernden Lebens...

Foto: Forster // Kreuzgangspiele Feuchtwangen

Das dunkle, fast düstere Ambiente der Kölner Inszenierung lässt sich natürlich nur schwer auf eine Freilichtinszenierung im Sommer übertragen. Dennoch gelingt es, den Kern der Inszenierung auch in Feuchtwangen auf die Bühne zu bringen, denn Andeutungen und die Vorstellungskraft des Publikums funktionieren auch im Hellen. 

Anna Döing steht als Ingeborg Bachmann auf der Nixelgartenbühne, Thomas Hupfer und Achim Conrad übernehmen die männlichen Rollen, zum Beispiel die stetig wechselnden Liebhaber Bachmanns. Gemeinsam schaffen die drei Schauspieler*innen eine dichte Atmosphäre - eine absolut herausragende Ensembleleistung!



Alle drei Stücke an einem Abend, das ist sowohl für die beteiligten Schauspieler*innen als auch für das Publikum ein wahrer Theatermarathon. Knappe 4 Stunden (inklusive Pausen) sitzt man im Theater, doch fühlt es sich nicht danach an - die Zeit vergeht wie im Flug. 
Und das, obwohl Büchner, Kafka und Bachmann allesamt als schwierig und "sperrig" verschrien sind. Hier zeigt sich die herausragende Arbeit, die Thomas Hupfer bei der Erarbeitung der Stoffe geleistet hat. Er hat es geschafft, die Werke kurzweilig und gut verständlich herauszuarbeiten, ohne dabei die Tiefgründigkeit und "Quintessenz" der Stoffe zu verlieren. 


Die Trilogie "Auf-Brüche" ist ein packender Theaterspaß für alle Theaterliebhaber und alle, die es werden wollen. Man merkt in jeder Sekunde, wieviel Herzblut in den einzelnen Stücken steckt - diese Theaterreise darf man nicht verpassen!

Eine weitere Gelegenheit gibt es noch, die Trilogie "Auf-Brüche" bei den Kreuzgangspielen in Feuchtwangen zu sehen - am 25. Juni stehen die drei Stücke Kafka, Lenz und Bachmann noch einmal auf dem Spielplan. Tickets und weitere Informationen findet ihr unter https://www.kreuzgangspiele.de/home.html.

Anschließend gibt es die Trilogie auch noch einmal für das Kölner Publikum. Am 2. und 3. Juli könnt ihr die drei Stücke am Freien Werkstatt Theater in der Kölner Südstadt zu sehen. Weitere Informationen gibt es unter https://www.fwt-koeln.de/.

Natürlich lohnt es sich auch, die Website des Theaterkollektivs movingtheatre.de im Auge zu behalten - sollte es weitere Termine der Trilogie geben, findet ihr sie unter https://movingtheatre.de/.