Theatergespräche - Maik Eckhardt (Teil 2)
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Foto: Maik Eckhardt |
Die Coronakrise hat die Welt fest im Griff - Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren bestimmen momentan unser aller Leben.
Besonders hart trifft die Krise die Kulturlandschaft in unserem Land. Veranstaltungen werden abgesagt, Proben gecancelt und ganze Theater in Kurzarbeit geschickt.
Auch die Dinkelsbühler Kulturszene ist von den Maßnahmen betroffen - Maik Eckhardt, Musicaldarsteller und Schauspieler am Landestheater, gibt im folgenden Interview Einblicke, wie die Coronakrise die Kulturschaffenden trifft.
Vor
fast genau einem Jahr saßen wir schon einmal zum Interview zusammen,
um über die anstehende Sommerspielzeit zu sprechen. Seitdem ist
einiges passiert – kannst du einen Überblick über deine
Engagements seit dem letzten Sommer geben?
Seit dem
letzten Sommer bis heute ist einiges passiert:
Nach der
intensiven und anstrengenden aber auch wundervollen Sommerspielzeit
in Dinkelsbühl habe ich mir erst einmal zwei Urlaube gegönnt: eine
Woche Meer und Strand auf Langeoog sowie eine Woche Städtetrip nach
Wien gemeinsam mit meinem lieben Mathias. Was viele gar nicht wissen:
Während der letzten vier Wochen der Sommerfestspiele haben wir
bereits für das Musical „Piaf – Süchtig nach Liebe“ am
Landestheater geprobt. Morgens Proben und abends die regulären
Vorstellungen – vier Wochen lang. Das ging an die Substanz. Umso
schöner war es dann, den Urlaub genießen zu können und mit einem
fertig geprobten Stück in die Winterspielzeit zu starten, denn Mitte
September war bereits Premiere.
Seit
September unterrichte ich außerdem fest am Tanzstudio Spotlight in
Bebra (Hessen) den Kurs „Musicaldance“, mit dem wir jetzt im
Februar eine wunderbare Show auf die Beine gestellt haben. Auch meine
Mädels der Showtanzgruppe „Black Pearls“ standen wieder voll auf
dem Programm, für die ich jedes Jahr die Choreographie mache, damit
war ich bis Februar beschäftigt. Im Oktober 2019 hatte ich mehrere
„kleinere“ Engagements und Auftritte, zum Beispiel bei der
Musical-Gala „Musical in Concert“ in der Waggonhalle Marburg, wo
ich u.a. mit Kurosch Abbasi auf der Bühne stand, sowie bei einigen
Benefiz-Galas.
Zusätzlich
zu diesen Engagements stand „Piaf – Süchtig nach Liebe“ immer
mal wieder bis Ende Februar auf dem Spielplan, aufgrund der großen
Nachfrage gab es sogar zwei Zusatzshows. Im Dezember zog es mich dann
nach Köln, dort war ich an der „Opernwerkstatt am Rhein“
engagiert, eine tolle Adresse für gute Musicals und Opern. Ich hatte
dort die männliche Hauptrolle im Winter-Musical „Das
Schneemädchen“, eine süße weihnachtliche Geschichte, die wir bis
Januar spielten. Im
Anschluss ging es dann weiter am Theater „Kulturhaus Frankfurt“
wo ich die Choreographie für das Stück „Frühlingserwachen“ von
Frank Wedekind übernommen habe. Eine tolle, moderne Inszenierung mit
Hip-Hop-Elementen - das Stück läuft voraussichtlich bis September
2020.
Im März
lag mein Fokus voll auf Choreographie, ich habe im Tanzstudio
gearbeitet und entwerfe gerade die Choreographie für eine
Musical-Gala in meiner Heimat - „Musicals an der Totenkirche“ -
die eine Kollegin schon vor über 10 Jahren ins Leben gerufen hat.
Ein tolles Ensemble aus Profis und Semiprofis, was eine tolle
Arbeitsatmospähre schafft. Die Premiere ist voraussichtlich Mitte
August.
Und
jetzt bin ich wieder hier für die Sommerfestspiele in Dinkelsbühl,
für das Musical "Die Mauer muss weg!" und eines der Schauspielstücke.
Weltweit
hat sich in den letzten Wochen eine Situation entwickelt, die Anfang
des Jahres nur wenige für möglich gehalten hätten. Durch die
rasante Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19, verursacht durch
den Coronavirus, gibt es in Deutschland Ausgangsbeschränkungen,
Kontaktverbote und „nicht-systemrelevante“ Einrichtungen,
darunter fallen auch die Theater, müssen schließen. Wie trifft dich
als Künstler die aktuelle Coronakrise konkret?
Als ich
gehört habe, dass alle kulturellen Einrichtungen schließen müssen,
war ich erst einmal geschockt. Mein erster Gedanke war: „Oh Gott,
wie geht das jetzt weiter?“
Ich bin
natürlich trotz dieser „komischen Lage“ momentan froh, diesen
Job als Musicaldarsteller und Schauspieler zu haben. Systemrelevant
oder nicht - das ist mir egal. Für mich ist Theater das wichtigste
überhaupt. Es ist ein Platz für Begegnungen und Austausch. Das wird
nach der Krise noch viel wichtiger und gefragter sein als je zuvor,
da bin ich mir sicher.
Die
Kontaktsperre und das „Social Distancing“ machen natürlich auch
kreativ, um auch etwas positives zu nennen. Ich habe, um kreativ
weiterarbeiten zu können, mein „Online-Dancestudio“ gegründet.
Ich unterrichte via Facetime oder Videotelefonie Tanz! Egal welches
Alter oder welche Vorkenntnisse - Eine Session kostet 10 Euro für
60 Minuten. Ich freue mich, dass es so gut angenommen wird, eventuell
entdeckt man ja noch ein neues Hobby. Ich kann mir gut vorstellen,
das „Online-Dancestudio“ auch nach der Krise, wenn wieder alles
seinem geregelten Ablauf folgt, weiterzuführen.
Dennoch
trifft mich die Covid-19-Krise natürlich finanziell und
künstlerisch.
Allen
voran ist es das Künstlerische, was ich momentan sehr vermisse,
zumal wir zum jetzigen Zeitpunkt schon mitten in den Proben für die
Festspiele 2020 wären. Allerdings legt sich das Landestheater
Dinkelsbühl für uns wirklich richtig ins Zeug und ich kann mit dem
momentanen Stand der Dinge gut umgehen und damit leben, in Kurzarbeit
zu sein und auf weitere Ansagen und Pläne zu warten.
Geschlossene
Theater bedeuten, dass Proben und Vorstellungen nicht möglich sind.
Wie nutzt du nun deine unfreiwillige freie Zeit?
Ich
habe, wie bereits erwähnt, mein Online-Dancestudio gegründet, was
wahnsinnig viel Spaß macht und mich aufblühen lässt. Ich gehe viel
spazieren, um an der frischen Luft zu sein und das schöne Wetter zu
genießen. Ich koche was schönes, lege mal einen Wellness-Tag ein
und bereite kommende Jobs und Projekte vor, die (hoffentlich) bald
kommen oder ab August anstehen. Man muss versuchen, die Zeit zu
genießen, die uns momentan alle irgendwie verbindet. Am schönsten
ist natürlich die Qualitytime mit meinem Mathias.
Der
Staat verspricht ein umfangreiches Maßnahmenpaket für Künstler und
Kreative. Welche Maßnahmen können Künstler nun tatsächlich in
Anspruch nehmen und was wäre deiner Meinung nach nötig, um die
Kulturlandschaft bestmöglich zu retten?
Ich
hoffe, dass alle die, die freiberuflich arbeiten (dies betrifft mich
oft im Winter selbst) so unterstützt werden, dass sie nicht
gezwungen werden, Arbeitslosengeld zu beantragen und dennoch ihren
Lebensunterhalt und ihre Kosten decken können.
Gleiches
gilt für alle Theater. Ich hoffe, der Staat vergisst uns nicht und
merkt für die Zeit nach der Coronakrise, dass auch wir
Kulturschaffende wichtig sind. Ich hoffe einfach das Beste.
Wie
bereits angesprochen steht nun eigentlich die Sommerspielzeit der
Freilichttheater direkt vor der Tür. Manche Theater, wie zum
Beispiel die Brüder Grimm Festspiele in Hanau, haben ihr
Sommerprogramm bereits komplett abgesagt, andere Theater, wie zum
Beispiel die Kreuzgangspiele Feuchtwangen, hoffen und proben
teilweise über Videokonferenzen. Was sind deine Hoffnungen zur
Sommerspielzeit 2020?
Natürlich
besteht bei uns die Angst, dass die komplette Spielzeit abgesagt
wird.
Wenn
dies der Fall sein sollte, wäre es natürlich unheimlich traurig und
schade, allerdings ist alles momentan höhere Gewalt und darauf haben
wir leider keinen Einfluss. Ich hoffe, dass wir trotz allem ein
kleines, feines Programm für den Sommer auf die Bühne bringen
können und es dann im Sommer 2021 umso mehr knallen lassen. Ich
bleibe positiv und motiviert und hoffe, dass wir uns diesen Sommer
noch bei den Festspielen sehen!
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Foto: Maik Eckhardt |