Theatergespräche - Franz Josef Strohmeier

Feuchtwanger Theaterfreunden ist er definitiv kein Unbekannter - die Rede ist natürlich von Franz Josef Strohmeier, der in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal bei den Kreuzgangspielen im mittelfränkischen Feuchtwangen auf der Bühne steht. 
Während er bei seiner Kreuzgangpremiere 2019 als "Bärenjoseph" im Volksstück "Die Geierwally" das Publikum begeisterte, darf er nun in diesem Sommer den Oberkellner Leopold im Singspiel "Im weißen Rössl" verkörpern. 
Doch nicht nur in der Theaterlandschaft ist er unterwegs - mit Rollen bei Franz Xaver Bogners "Unter Land", "Die Rosenheim-Cops" und "Hubert ohne Staller" ist Franz Josef Strohmeier oft zu Gast im Film und Fernsehen.

(c)Zaucke


Zu Beginn darf natürlich der Klassiker nicht fehlen. Wie kam es dazu, dass du Schauspieler geworden bist?

Dass ich das gerne machen möchte, hat sich bei mir schon in der Kindheit manifestiert. Ich habe immer davon geträumt, als Schauspieler auf der Bühne zu stehen.
Mit einigem Hin und Her und den Umwegen, die das Leben bereit hält, habe ich es dann probiert und nachdem die Aufnahmeprüfung geklappt hat, wusste ich, dass ich meinen Traum verwirklichen kann.


Du arbeitest viel am Theater, bist aber auch immer wieder in Film und Fernsehen zu sehen, zum Beispiel bei „Hubert ohne Staller“ oder bei „Die Rosenheim-Cops“. Wo sind die Unterschiede vom Film zum Theater und bist du zu Film und Fernsehen gekommen?

Ich wollte immer gerne einmal im Film und Fernsehen arbeiten, durch meine Ausbildung hat es sich allerdings so ergeben, dass mein Schwerpunkt beim Theater lag. Grundsätzlich ist es auch so, dass man für die Arbeit beim Film und Fernsehen dort arbeiten muss, wo gedreht wird – das heißt, zum Beispiel in München, Hamburg oder Berlin. Ist man weiter entfernt von diesen Städten engagiert, wie ich es in Graz und Kassel war, ist man zu weit weg, um es einfach einmal auszuprobieren. 2017 habe ich mich dazu entschlossen, freischaffender Schauspieler zu werden, natürlich auch mit dem Hintergedanken, mich mehr im Bereich Film/Fernsehen auszuprobieren zu können. Der nahtlose Übergang vom Theater zu einigen Fernsehengagements hat damals zum Glück sehr gut geklappt.
Der große Unterschied zum Theater ist, dass man viel mehr zuhause arbeiten muss. Man hat keine Probenzeit, in der man gemeinsam mit den Kollegen die Figur finden kann, man muss sich selbst Gedanken machen. Es ist einfach eine unterschiedliche Arbeitsweise als im Theater. Wenn man eine größere Fernsehrolle hat, wie ich es z.B. mit Franz Xaver Bogner bei „Über Land“ hatte, bei der die Drehzeit nicht nur ein, zwei Tage beträgt, dann bekommt das ganze natürlich eine andere Qualität in der Arbeit. Wenn man aber eine Tagesrolle hat, wird man meistens nicht einmal zum Casting eingeladen, man bekommt den Job aufgrund des Äußeren. Man bekommt den Text zugeschickt, danach gibt es ein Fitting für die Kleidung und am Drehtag wird man dann morgens abgeholt und muss nach einer kurzen Probe mit den Kollegen funktionieren.
Sowohl Film/Fernsehen als auch das Theater haben ihren Reiz. Der Vorteil am Theater ist, dass man die unmittelbare Reaktion des Publikums hat und somit jeden Abend quasi den Lohn für die eigene Arbeit ernten kann. Im Fernsehen sehe ich ja nicht, ob die Zuschauer lachen oder weinen. In diesem Punkt ist die Arbeit am Theater einfach erfüllender.


Die vergangenen zwei Jahre Pandemie waren geprägt von Lockdowns, Veranstaltungsabsagen und Beschränkungen. Wie hast du diese Zeit in der Kultur und in deinem Beruf Schauspieler erlebt?

Meinen letzten Auftritt meinem Karl Valentin-Abend vor dem Lockdown im März 2020 hatte ich genau eine Woche, bevor die Beschränkungen losgingen. Für den Sommer hatte ich damals eine Anfrage aus Kreuzlingen am Bodensee, da dort ein Freund von mir Shakespeares „Was ihr wollt“ inszeniert hat. Da hat sich lange die Frage gestellt, ob das stattfinden kann oder nicht. Ich hatte Glück, dass in der Schweiz die Auflagen früher gelockert wurden und wir im Juni anfangen konnten, zu proben. Bis Ende August 2020 konnte ich dort arbeiten und danach waren dann aufgrund der Lockerungen in Deutschland auch meine Soloabende wieder möglich, was einfach wunderbar war – bis dann im November 2020 der nächste Lockdown kam. Alles, was für den Winter angesetzt war, musste verschoben werden.
Diesen zweiten Lockdown fand ich viel gravierender, weil es sich so manifestiert hat. Als Schauspieler bist du darauf angewiesen, dass Menschen kommen, um sich deine Arbeit anzuschauen. Wenn das verboten wird, bleibt nicht mehr viel davon übrig. Die Diskussion um die „Systemrelevanz“, die damals permanent heraufbeschworen wurde, fand ich einfach furchtbar, vor allem wenn man zu hören bekommt, dass man das, was man selbst mit so viel Leidenschaft tut, nicht brauche. Man sieht doch aktuell bei „In weißem Rössl“, wie schön es ist und wie glücklich die Menschen nach dem Stück nach Hause gehen. Kultur und Theater haben ihre Relevanz und sind wichtig für die Zuschauer.
Nachdem im Winter 2020/21 abzusehen war, dass bis zum darauffolgenden Frühjahr keine Kulturveranstaltungen stattfinden dürfen, haben mich Freunde darauf aufmerksam gemacht, dass Helfer in den Impfzentren gesucht werden. Da ich vor meinem Schauspielstudium eine Ausbildung als Krankenpfleger gemacht hatte, habe ich mich dort beworben. Das war mir lieber, als frustriert zuhause zu sitzen, vom Ersparten zu leben und alle Planungen, die man macht, wieder über den Haufen werfen zu müssen. Wenig später habe ich dann bei den Johannitern in Oberhaching im Süden von München angefangen, das Team im Impfzentrum zu unterstützen und dort bis Frühjahr diesen Jahres unter anderem in der Leitung des Zentrums gearbeitet. Die Arbeit hat mir wieder Energie und Kreativität für mein Schauspiel gegeben, denn man ist gefordert und die von den Problemen der Kultur behafteten Gedanken werden wieder freier.
Neben dem Engagement im Impfzentrum habe ich mich für ein Stipendium aus dem Fonds Darstellende Künste der Bundesregierung beworben und eine große Förderung für einen Audio-Walk mit Literaturprojekt unter dem Titel „Im Himmel gibt´s koa Bier, drum sauf´ ma alles hier“ in meiner Heimatstadt Straubing bewilligt bekommen. Ich habe den kompletten Sommer 2021 mit der Recherche und Konzeption verbracht, dann wurden die einzelnen Episoden aufgenommen und online gestellt. Man kann den Audio-Walk online anhören, aber natürlich macht es mehr Freude, den Rundgang live zu gehen. Leider konnte die Abschlussveranstaltung im vergangenen Herbst aufgrund der steigenden Coronazahlen nicht stattfinden, das haben wir dieses Jahr im April nachgeholt. 


Wie empfindest du aktuell die Situation der Kultur nach zwei Jahren Corona, gerade in deiner Situation als freischaffender Schauspieler?

Man merkt auf jeden Fall, dass die Coronazahlen wieder steigen. Während zu Beginn der Spielzeit vielleicht ein oder zwei Personen mit Maske in der Vorstellung saßen, sind es jetzt schon deutlich mehr. Die Gefahr, sich mit Corona zu infizieren, nimmt wieder zu, viele Leute haben mehr Angst und überlegen sich, ob sie wirklich ins Theater gehen wollen. Natürlich gibt es aber auch Menschen, denen es unabhängig von irgendwelchen Risiken wichtig ist, Theaterstücke zu besuchen und trotz allem Lust darauf haben.
Dennoch werden viele wieder vorsichtiger und halten sich zurück. Dazu kommen dann der anhaltende Krieg und die aktuell unberechenbaren Energiekosten. Die Menschen fangen an zu sparen und überlegen, ob sie sich einen Theaterbesuch wirklich leisten können und wollen. Je nachdem, wo man sitzt, zahlt man zu zweit 50 bis 60 Euro. Gerade das ältere Klientel, das ins Theater geht, überlegt es sich dann zweimal.
Die Problematik ist nicht zu unterschätzen und ich habe tatsächlich etwas Respekt vor dem Herbst.

 

Vor drei Jahren, im Sommer 2019, hattest du mit der „Geierwally“ deine Premiere in Feuchtwangen. Wie bist du damals zu den Kreuzgangspielen gekommen?

2019 kam ich zur „Geierwally“ über meine Agentur nach Feuchtwangen. Johannes Kaetzler, Intendant der Kreuzgangspiele, hatte mehrere Empfehlungen für die Rolle des „Bärenjoseph“ bekommen und kam auf meine Agentur zu. Dann habe ich Johannes kennengelernt, wir haben uns super verstanden und ich habe sehr gefreut, als dann das Angebot, die Rolle in Feuchtwangen spielen zu dürfen, kam. Diese Entscheidung habe ich keinen Tag bereut.
Für diese Spielzeit war es ähnlich. Ich hatte erfahren, dass das „Weiße Rössl“ auf dem Spielplan steht und Johannes Kaetzler hat mich gefragt, ob ich Lust habe, dabei zu sein.
Da ich schon immer einmal „Im Weißen Rössl“ spielen wollte, habe ich natürlich sehr gerne zusagt.

 

Was macht die Kreuzgangspiele aus deiner Sicht besonders? Was hat dir hier so gefallen, dass zu nun zum zweiten Mal wieder nach Feuchtwangen gekommen bist?

Der Kreuzgang und die Bühne sind einfach einzigartig und es macht große Freude dort zu spielen. Im Gegensatz zu anderen Freilichtbühnen wie zum Beispiel in Schwäbisch Hall ist der Kreuzgang viel feiner und hat fast schon Kammerspielcharakter.  Außerdem macht es natürlich auch Spaß, mit den Kollegen hier zusammenzuspielen.
Was mich schon 2019 begeistert hat, ist aber nicht nur der Kreuzgang, sondern auch die Region in und um Feuchtwangen. Ich wohne etwas außerhalb auf einem Bauernhof und es ist einfach toll, auf dem Land zu wohnen, Kühe um mich herum zu haben, Wandern und Radfahren gehen zu können und in den knapp 3 ½ Monaten hier in der Region auch etwas Urlaub machen zu können.
Dadurch, dass ich schon einmal hier war, ist es fast, wie nachhause zu kommen. Ich kenne viele Leute bereits seit 2019, bin nun wieder hier und kann mit ihnen in Gespräche kommen. Man fängt anders an, das ist es, was ich wirklich toll finde.


Du spielst dieses Jahr bei den Kreuzgangspielen den Oberkellner Leopold im Singspiel „Im weißen Rössl“. Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet und was war dir wichtig, bei der Rolle auf die Bühne zu transportieren?

Ich kannte den Film, die Figur und natürlich auch die Lieder. Mir war es wichtig, die Struktur des Stückes und den Charakter zu kennen. Dann habe ich die Textfassung abgewartet, denn die Operette und die Fassung der Geschwister Pfister, an die unsere Inszenierung angelehnt ist, sind im Original natürlich viel länger und wurden auf circa zwei Stunden gekürzt.
Leopold ist eine Figur, die unsterblich in die Rössl-Wirtin verliebt ist, versucht, ihr das irgendwie zu zeigen und dabei – in der Hoffnung, dass es irgendwann klappt - alles über sich ergehen lässt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem er merkt, dass es nichts mehr bringt und er zum Glück letztendlich doch noch ein Happy End bekommt.
Der Kampf um die Emotionen, die vergebliche Liebe und die Sehnsucht danach, ist es, was die Rolle für mich spannend und interessant macht. Auf die Bühne zu gehen, sich zu öffnen und verwundbar zu machen – das finde ich toll.

Franz Josef Strohmeier als Oberkellner Leopold bei "Im weißen Rössl" // Foto: Kreuzgangspiele Feuchtwangen, Forster

 Viele Schauspieler haben bei „Im weißen Rössl“ schon den Oberkellner Leopold verköpert, am prominentesten natürlich Peter Alexander in der Verfilmung aus dem Jahr 1960. Hast du das in deine Rollenerarbeitung einfließen lassen oder wolltest du lieber dein „eigenes Ding“ machen?

Den Film habe ich mir nicht extra noch einmal angesehen, sondern mir die Rolle eher über das Hören erarbeitet. Meine Hauptvorbereitung bestand darin, mir viele musikalische Interpretationen anzuhören. Im Zuge dessen habe ich mir auch die Fassung der Geschwister Pfister angeschaut. Sie ist zwar schön, aber eben aus den 80er Jahren und man merkt, dass die Zeit heutzutage einfach weiter ist und sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt hat.
Die Art, wie das „Weiße Rössl“ und die Figur des Oberkellners Leopold als Musiktheaterstück angelegt ist, gefällt mir sehr. Es geht ein bisschen in die Richtung eines Conférenciers, ähnlich wie bei vielen Rollen, die ich bei meinen bisherigen Engagements spielen durfte. Diese Art von Figuren mag ich einfach grundsätzlich sehr gerne.  

 

Wie schaut eigentlich ein typischer Tag bei den Kreuzgangspielen aus?

Das ist sehr unterschiedlich und hängt davon ab, in welchen Rollen und Stücken man engagiert ist. Ich habe den Vorteil, dass ich nur bei „Im weißen Rössl“ mitspiele und dadurch nur für ein Stück proben musste.
In der Probenphase bekommen wir einen Probenplan, in dem geregelt ist, welches Stück wann geprobt wird. Es gibt verschiedene Gruppen, die morgens, nachmittags und abends die Kreuzgangbühne nutzen. Jeder hat seine Vorlieben, ich für meinen Teil probe am liebsten abends, da die Sonne dann angenehmer und meine Stimme wacher ist. Da wir für das „Weiße Rössl“ viel vormittags geprobt haben, bin ich immer zwei Stunden vorher aufgestanden, um stimmlich fit zu sein. Je nach Szene, die eingeübt wird, gingen die Proben dann bis in den frühen Nachmittag. Danach bin ich meistens nach Hause gefahren und habe, da das Singen und Tanzen doch sehr anstrengend sein kann, erst einmal geschlafen. Abends entspannt man dann, lernt den Text und bereitet sich auf den nächsten Probentag vor.
Wenn dann die täglichen Vorstellungen begonnen haben, wird es natürlich leichter. Dann arbeite ich nur am Abend und ich habe viel Zeit, Ausflüge zu machen, Organisatorisches zu erledigen und natürlich auch Besuch von Freunden und Familie zu empfangen. Am späten Nachmittag, kurz bevor es dann zu den Vorstellungen geht, nutze ich die Zeit, um mich noch einmal stimmlich und textlich auf den Abend vorbereiten. Knapp eineinhalb Stunden vor Vorstellungsbeginn muss ich in die Maske – die mache ich hier bei den Kreuzgangspielen selbst. Nach den Vorstellungen sitzen wir gerne als Ensemble zusammen, trinken etwas und quatschen einfach, bis es dann wieder nach Hause geht.


Wo kann man dich als nächstes auf der Bühne sehen? Hast du schon Pläne für den Herbst?

Nach Mittelfranken komme ich bereits im Herbst wieder. Im Oktober zeige ich mit meiner Kollegin Maria Hafner unseren Georg Queri Abend „Kraftbayerisches aus der Bauernerotik“ in der Stadthalle Gunzenhausen. Im Dezember bin ich dann erneut in Gunzenhausen, dieses Mal dann mit meinem Weihnachtsprogramm „Heilige Nacht“. Nach Feuchtwangen komme ich im Rahmen der Reihe „Kreuzgangspiele-extra“ im März mit meinem Soloprogramm „Der Kontrabass“. Neben den Terminen für meine verschiedenen Soloprogramme hoffe ich, noch etwas im Bereich Film und Fernsehen machen zu dürfen – mal sehen, was da so passiert.




Weitere Termine von Franz Josef Strohmeier findet ihr unter https://www.fjstrohmeier.de/.