Pension Schöller - Landestheater Dinkelsbühl

Die Einschränkungen durch die Coronapandemie haben die Kultureinrichtungen weiter fest im Griff. Doch statt die Sommerspielzeit komplett abzusagen, hat das Landestheater Dinkelsbühl eine Ausnahmegenehmigung bekommen, diesen Sommer ein Sonderprogramm auf die Bühne bringen zu dürfen. Mitte Mai machte das Kindermusical "Der kleine Vampir" den Anfang, nun folgt als Abendstück "Pension Schöller", das einen Schwank in drei Akten verspricht.

Wir befinden uns im Berlin der 1920er Jahre. Philipp Klapproth, ein reicher älterer Herr aus der Provinz, macht Urlaub in der Hauptstadt und ist auf der Jagd nach Erlebnissen, mit denen er am heimischen Stammtisch prahlen kann. Der Besuch einer Soiree einer Irrenanstalt steht dabei ganz oben auf seiner Liste. Helfen soll ihm dabei sein Neffe Alfred - im Gegenzug für Geld. Doch wo soll man eine solche Einrichtung finden? 
Dem verzweifelten Alfred kommt der Kellner Franz zur Hilfe, der die Pension Schöller direkt über dem Café empfiehlt. Die extravaganten Gäste, wie zum Beispiel eine aufdringliche Schriftstellerin, ein kriegsverwundeter Major a.D, ein Schauspieler mit einem L-Sprachfehler und ein löwenjagender Professor, würden ja allemal als glaubhafte Patienten eines Irrenhauses taugen. Der Schwindel läuft perfekt - bis die Gäste der Pension dem inzwischen heimgekehrten Philipp in sein ländliches Domizil hinterher reisen...

Foto: Hans von Draminski // Landestheater Dinkelsbühl

Das Bühnenbild gibt im Laufe der Komödie Einblicke in das Straßencafé direkt unter der Pension, in der zweiten Hälfte dann in Philipp Klapproths Wohnung im ländlichen Kyritz.
Um das Berlin der 1920er erlebbar zu machen, bilden alte, zum Zeitraum passende Werbeplakate, den Hintergrund des Cafés, in dem sich die Soiree des vermeintlichen Irrenhaues abspielt. 


Margarit Ziellenbach gibt Philipps Schwester Ida Klapproth eine verträumte und doch resolute Art, bleibt jedoch im Hintergrund der Handlung.

Gerald Liebenow steht als Musikdirektor Schöller, Leiter der Familienpension, auf der Freilichtbühne des Dinkelsbühler Landestheaters und macht durch leichte Verschrobenheit seinen Charakter wirklich interessant.

Eugen Schöller, der Schauspieler sein möchte, aber den Buchstaben L nicht aussprechen kann, wandert durch seinen Sprachfehler auf einem schmalen Grat zwischen Humor und Klamauk. Leider gelingt es Andreas Peteratzinger nicht, den Klamauk abzulegen und seiner Rolle eine ernsthaftere Note zu geben.

Der eigentümliche Major von Mühlen a.D. hängt gedanklich noch immer in der Militärwelt fest -  Bernhard Schnepf bringt ihn herrlich amüsant auf die Bühne.

Etwas verrückt, aber doch sympathisch - so lässt sich Maike Franks aufdringliche Journalistin Josephine Zillerthal wohl am besten beschreiben. Mit punktgenauem Schauspiel bildet sie einen Eckpfeiler der Komödie.

Pascal Averibou macht als weltreisender Professor Bernhardy seine Sache sehr gut, keine Frage, doch bleibt seine Rolle - stückbedingt - ohne wirkliche Ecken und Kanten schwer greifbar.

Für den Kellner Franz, der sich im Laufe des Stücks als Franziska, die taffe Tochter des Musikdirektors Schöller entpuppt, ist Laura Mahrla die perfekte Besetzung. Selbstbewusst orchestriert sie das Verwirrungsspiel um die vermeintlich Verrückten.

Der charmanteste Charakter des Stückes ist Philipps schüchterner Neffe Alfred Klapproth, dessen Eigenschaften Andreas Gräbe exzellent herausarbeitet und damit zum großen Sympathieträger des Stückes avanciert.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Knut Fleischmann als Philipp Klapproth. Er konnte bereits in den vergangenen Jahren das Dinkelsbühler Publikum in verschiedensten Rollen begeistern - "Pension Schöller" bildet keine Ausnahme. Mit viel Fingerspitzengefühl für die komödiantischen Momente brilliert er einmal mehr.

Die "Pension Schöller", bei der Intendant Peter Cahn selbst Regie führt, hält, was sie verspricht. Für zwei Stunden entführt sie das Publikum in die 1920er Jahre und bietet dabei allerlei Wirrungen und Irrungen - ein wahrer Schwank eben.
Die "Pension Schöller"  braucht etwas Zeit, um in Fahrt zu kommen, doch spätestens, als die Soiree im vermeintlichen Irrenhaus beginnt, kommen Freunde von leichtem Komödientheater voll auf ihre Kosten!

Bis Mitte August soll die "Pension Schöller" - vorbehaltlich des weiteren Verlaufs der Coronapandemie - jeden Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag um jeweils 19.30 Uhr auf der Freilichtbühne am Dinkelsbühler Wehrgang gezeigt werden. Karten und weitere Informationen zum Sonderprogramm 2020 gibt es unter https://www.landestheater-dinkelsbuehl.de/startseite/.