Woyzeck im Wehrturm - Nürnberg

Theater an ungewöhnlichen Orten verwirklichen - diesen Weg verfolgt die Stückwerkstatt Schimmert an ihrer Wirkungsstätte Nürnberg.
Nach der ersten Produktion "Faust im Pfarrhaus", steht nun das zweite Stück der "THEATERtRÄUME" auf dem Programm: Georg Büchners Fragment "Woyzeck".

Auch dieses Mal hat die Stückwerkstatt Schimmert eine großartige Location gefunden. Im Krakauer Turm direkt an der Nürnberger Stadtmauer, der einen Panoramablick über die Altstadt bietet, wird der zweite TheatertRaum Wirklichkeit. 

Büchners Fragment wird nicht original wiedergegeben, für die Nürnberger Inszenierung wurde eine eigene Fassung erstellt. In dieser ist Woyzeck kein Soldat mehr, sondern Angestellter einer High-Tech Firma, die mit besonderen Armbändern die Zeit noch effektiver nutzbar machen möchte. Er hat drei Jobs, um seine Frau und seinen kleinen Sohn über die Runden zu bringen, doch seine Freundin Marie - genervt von Woyzecks Rastlosigkeit - geht mit Herrn Tambour, dem Mitarbeitermotivator der Firma, fremd. Für den durch Ausbeutung, Überarbeitung und Demütigung labilen Woyzeck ist das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und im Wahn entschließt er sich, eine grausame Tat zu begehen..

Foto: olivergrafie // Stückwerkstatt Schimmert
Die Inszenierung kommt ohne großes Bühnenbild aus und nutzt einfach den Turmraum auf alle möglichen Arten. Einzig Installationen (Dominik Stanislawski) ergänzen die kleine Bühne. Die drei Schauspieler nutzen die Bühne, den Zuschauerraum und sogar die Deckenbalken mit all ihren Möglichkeiten aus. Musikalisch begleitet wird "Woyzeck" mit experimentellem Live-Schlagwerk von Radoslaw Szarek.

Mona Fischer brilliert als (nicht ganz) unschuldige Marie und strikte, kalte Frau Doktor.

Julian Kühndel gibt dem Tambour und dem Hauptmann einen wunderbar schmierigen Touch.

David Endress´ nimmt das Publikum als Woyzeck mit auf eine packende und berührende Reise in Richtung des Wahnsinns.

"Woyzeck" bringt Theater, Musik, Video- und Installationskunst als wahres Theatererlebnis zusammen und schafft es, den Klassiker neu und erfrischend zu inszenieren.
Das liegt nicht nur an der experimentellen Inszenierungsidee der Stückwerkstatt Schimmert, sonderen auch an den drei herausragenden Schauspielern, die den Weg in den Wahnsinn dramatisch und fesselnd auf die Bühne bringen.
So muss Theater sein - nicht verpassen!

Einige Gelegenheiten gibt es noch, "Woyzeck" zu erleben: Am 28./29./30.11 sowie am 5./6./7.12 ist Büchners Fragment jeweils um 20 Uhr zu sehen - Infos zum Stück gibt es unter https://www.schimmert.de/inszenierungen/woyzeck-im-wehrturm/!