Die Geierwally - Kreuzgangspiele Feuchtwangen


Juni ist Premierenzeit! Auch die Kreuzgangspiele Feuchtwangen bilden keine Ausnahme und präsentieren mit dem bayerischen Volksstück "Die Geierwally" von Wilhemine von Hillern ihr erstes Abendstück des Sommers 2019. 

Wie auch in den letzten Jahren habe ich die öffentliche Generalprobe am Tag vor der Premiere besucht. Was es damit auf sich hat? Die Generalprobe kostet 10 Euro Eintritt und ist im Grunde wie eine reguläre Vorstellung. Einen kleinen Haken hat sie jedoch: Da es offiziell noch eine Probe ist, kann der Regisseur jederzeit unterbrechen, wenn etwas nicht passen sollte. Dennoch hat die Generalprobe ihre ganz eigene Atmosphäre. 


"Die Geierwally" erzählt die Geschichte von Walburga Strominger:
Nachdem sie als Kind wagemutig das Nest eines Geiers ausräumte und das darin liegende Küken großzog, wird sie von allen nur Geierwally genannt. Jahre später verbinden die als Wildfang bekannte junge Frau und ihren Vater nur Konflikte und Misshandlungen.
Für den reichen Vincenz Gellner, den er als künftigen Ehemann bestimmt hat, hat Wally nur Verachtung übrig, hat sie ihr Herz doch schon an den Bärentöter Joseph verloren, der allerdings die Stromingers verachtet. Ihr Vater kann den Widerstand seiner Tochter nicht hinnehmen und schickt sie - um sie zur Vernunft zu bringen - hoch in die Berge, wo sie das Vieh hüten soll. Als sie im Winter auf den Hof ihres Vaters zurückkehrt, kommt es zum Unglück - sie muss fliehen, als sie bei der Verteidigung des Knechts Klettenmaier den autoritären Vincenz mit einem Beil am Kopf verletzt und versehentlich eine Scheune ihres Vaters in Brand steckt. Sie findet in den Bergen bei den Brüdern Klotz Zuflucht und kehrt schließlich 2 Jahre später nach dem Tod ihres Vaters als Alleinerbin auf den Höchstbauernhof zurück.Die Ereignisse der zurückliegenden Jahre und das andauernde Desinteresse von Joseph haben Wally erhärten lassen. Eifersüchtig und verbittert beleidigt sie Josephs vermeintliche Geliebte Afra, was dieser nicht unkommentiert lassen kann und sich mit einer vorgespielten Erwiderung von Wallys Gefühlen rächt. Verletzt und voller Wut entsendet Wally den immer noch liebeskranken Vincenz Gellner, um Joseph umzubringen...

Das Bühnenbild von Werner Brenner lässt den markanten Kreuzgang zu einem Bergpanorama werden, welches das Geschehen auf der Bühne wunderbar untermalt. 
Auch die an regionale Tracht angelegten Kostüme von Marion Schultheiss passen perfekt zum bayerischen Volksstück.

Lisa Ahorn, Sina Schulz, Konstantin Krisch und Babara Macheiner übernehmen kleine Nebenrollen und bleiben dadurch ebenso wie Mario Schnitzler als Geier im Hintergrund. 

Pascal Pawlowski  (Leander), Ulrich Westermann (Nicodemus) und Alexander Ourth (Benedict) geben der Geierwally als Brüder Klotz Obdach und retten sie vor ihrem Vater - auch schauspielerisch harmonieren sie wunderbar miteinander.

In den letzten Jahren hat sich die Kreuzganglegende Peter Heeg große Beliebtheit bei den Zuschauern erarbeitet, als Klettenmaier begeistert er auch in diesem Jahr wieder mit großartigem Schauspiel.

Linda Prinz erweist sich als wahrer Glücksgriff für die Kreuzgangspiele: Die junge Schauspielerin gibt Afra Stärke und Emotionen und lässt bereits in dieser kleineren Nebenrolle großes Talent erkennen.

Andreas Wobig kann zwei komplett verschiedene Seiten seines Schauspiels zeigen. Zu Beginn als Höchstbauer Strominger streng und jähzornig, sorgt er später als Bote für so manchen heiteren Moment.

Auch wenn Vincenz Gellner nicht gerade der Sympathieträger des Volksstückes ist - Johann Anzenberger schafft es, die tiefgehenden Konflikte und Hintergründe seiner Rolle authentisch und begreifbar auf die Bühne zu bringen.

Franz Josef Strohmeier ist die perfekte Besetzung für den Bären-Joseph. Trotz seiner kernigen, starken Bühnenpräsenz berührt er auch in den ruhigen Momenten am Ende des Stückes. Großartig! 

Judith Peres bringt ihre Geierwally als starke und emanzipierte Frau gewohnt souverän auf die Bühne. Gerade in den Szenen, in denen sie alleine im Bergpanorama steht, füllt sie die Kreuzgangbühne mit ihrem kraftvollen und berührenden Schauspiel.

Kann eine starke Frau in einer von Männern dominierten Welt bestehen? Wer hat das Recht auf Asyl? Und wie genau definiert man Heimat? Diesen auch heute noch mehr als aktuellen Fragen stellt sich die Feuchtwanger  "Geierwally". Johannes Kaetzler hat den 150 Jahre alten Stoff etwas entstaubt und präsentiert eine kitschbefreite, frische Inszenierung. Untermalt von Michael Reffis Musik und den zum Bergpanorama verwandelten Kreuzgang schafft Kaetzler ein atmosphärisches Theatererlebnis. Dank dieser starken Inszenierung und einem bis in die kleinsten Nebenrollen großartig aufspielenden Ensemble hat  "Die Geierwally" die besten Voraussetzungen, ein Feuchtwanger Publikumsschlager zu werden!

Bis Mitte August ist "Die Geierwally" auf der Kreuzgangbühne in Feuchtwangen zu sehen -