Faust - Kreuzgangspiele Feuchtwangen

"Laßt uns auch so ein Schauspiel geben!
Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,
Und wo ihr's packt, da ist's interessant.
In bunten Bildern wenig Klarheit,
Viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit,
So wird der beste Trank gebraut,
Der alle Welt erquickt und auferbaut."
(Faust I - Vorspiel auf dem Theater)

Die Kreuzgangspiele Feuchtwangen feiern 2018 ihr 70. Jubiläum, das erste Stück auf der Kreuzgangbühne war Goethes "Faust" - ein mehr als passender Anlass, um das Stück wieder auf den Spielplan zu setzen.

Natürlich gibt es auch in diesem Jahr wieder die öffentlichen Generalproben am Tag vor der Premiere. Kurz erklärt: Die Generalproben kosten 10 Euro Eintritt bei freier Platzwahl, Karten gibt es allerdings nicht im Vorverkauf - man muss sich am jeweiligen Abend anstellen. Die Generalproben sind wie eine reguläre Vorstellung, allerdings mit der Einschränkung, dass der Regisseur theoretisch immer unterbrechen kann, wenn irgendetwas nicht passt. 

Die Handlung von Goethes Tragödie muss man nicht groß erklären, eine kurze Zusammenfassung zur Auffrischung sollte genügen. 
Faust verzweifelt an der Welt, er strebt danach, das gesamte Wissen der Menschheit zu erlangen, und widmet sich schließlich der Magie, um dieses Ziel zu erreichen.
Mephistopheles, der Teufel, wettet mit Gott um die Seele von Faust, erscheint ihm zunächst als schwarzer Pudel und bietet Faust schließlich einen Pakt an. Mephisto verspricht, Faust Zeit seines Lebens auf der Erde zu dienen - wenn Faust im Gegenzug nach dem Tod das gleiche tut. Auf der Reise durch die kleine und große Welt begegnen die beiden schließlich dem jungen Mädchen Gretchen, in das sich Faust sofort verliebt. Wie in einer Tragödie üblich endet die Geschichte nicht gut: Gretchen sieht im Kerker der Todesstrafe für den Mord an ihrem eigenen Kind entgegen. Faust versucht natürlich, sie zu retten, doch Gretchen übergibt sich mit den Worten "Heinrich, mir grauts vor dir" dem göttlichen Gericht.
Eine weitere gute Zusammenfassungen findet ihr außerdem hier.



Das Bühnenbild ist simpel gehalten, unterstützt die Handlung und rückt den Kreuzgang dennoch nicht in den Hintergrund. 
Die Inszenierung von Intendant Johannes Kaetzler hält einige Spezialeffekte bereit - um die Überraschung nicht zu verderben, sei nur verraten: Es wird feurig auf der Kreuzgangbühne. 
Natürlich wird Faust 1 bei den Kreuzgangspielen nicht komplett Wort für Wort gespielt, mit Kürzungen kommt das Stück auf eine Dauer von circa 2 1/2 Stunden. Trotzdem gibt es auch auf der Kreuzgangbühne die großen, komplexen Szenen wie die Walpurgisnacht, den Osterspaziergang und die Hexenküche zu sehen. Auch die sonst eher weniger gespielte Zueignung findet in der Inszenierung Platz.
Michael Reffi hat für den Feuchtwanger Faust die Musik komponiert, die die Inszenierung noch eindrucksvoller und imposanter wirken lässt.


Viele kleine Nebenrollen, vor allem in den großen Szenen wie dem Osterspaziergang oder der Walpurgisnacht, übernehmen Ulrich Westermann (Goethe), Sina Schulz (Lieschen), Mario Schnitzler (Schüler), Doris Otto (Böser Geist), Chantale Schumacher (Die Schöne), Lennart Matthiesen (Valentin), Alexander Ourth (Direktor) und Daniel Asofiei (Hexenmeister). 
Sie alle "tragen" in den großen Szenen das Spektakel auf der Bühne und sind ein sehr wichtiger Bestandteil der Inszenierung.

Wolfgang Beigel ist in mehreren Rollen zu erleben: Als Erdgeist, als Student in Auerbachs Keller, als Teufel im Walpurgisnachtstraum - in jedem Part zeigt er eine andere Facette seines hervorragenden Schauspiels. 

Gott im Prolog im Himmel, ein Student in Auerbachs Keller und die Hexe in der Hexenküche werden von Peter Heeg gespielt - mit großartiger Bühnenpräsenz begeistert er in jeder seiner Rollen. Übrigens stand er 1963 das erste Mal auf der Kreuzgangbühne - es ist toll, dass man ihn immer noch in Feuchtwangen auf der Bühne erleben kann!

Gretchens Nachbarin Frau Marthe ist eine Rolle wie für Gabriele Fischer gemacht. 
Großartiges Schauspiel und ein tolles Zusammenspiel mit Mephisto - genau so sollte es sein.

Fausts Schüler Wagner ist in Goethes Tragödie einer der Charaktere, die für ein Schmunzeln beim Publikum sorgen - Thomas Zieler bringt diesen Aspekt sehr gut auf die Bühne. 

Julia Suzanne Buchmann feiert als Gretchen 2018 ihre Kreuzgangpremiere.
Sie ist die perfekte Besetzung für diese Rolle. Am Anfang noch voller Naivität spielt sie schließlich die Verzweiflung Gretchens im Kerker mit wahnsinniger Intensität.

Krimi-Fans kennen Rudolf Krause vielleicht noch aus der ZDF-Serie "Unter Verdacht", bei der bis zum letzten Jahr an der Seite von Senta Berger als Hauptkommissar Langner vor der Kamera stand. Nun spielt er eine der größten Rollen, die das Theater zu bieten hat: Den Teufel Mephistopheles, der Faust auf die dunkle Seite führen will. 
Sein Mephisto ist nicht extrem extrovertiert, wie es die Rolle vielleicht hergeben würde. 
Dennoch: Krauses Mephisto ist einzigartig, facettenreich und exzellent auf die Bühne gebracht. 

Thomas Hupfer brillierte bis 2014 in der Ansbacher Faust-Inszenierung als Mephisto. Nun steht er als "Titelheld" Heinrich Faust auf der anderen Seite der Handlung. 
Im ersten Teil der Handlung, der Gelehrtentragödie, spielt Thomas Hupfer Fausts Verzweiflung so berührend, so intensiv, dass man Gänsehaut bekommt. 
Im zweiten Teil, der Gretchentragödie, verhält sich Faust so manipulativ und ausnutzend gegenüber dem jungen Gretchen, dass man ihn nur unsympathisch finden kann - genau das kauft man Thomas Hupfer ab. Einen so herausragenden Schauspieler wie ihn kann sich jedes Theater nur wünschen.

Vielleicht erinnern sich noch einige an die Inszenierung vom "Brandner Kaspar" bei den Kreuzgangspielen 2015 - Thomas Hupfer als Boandlkramer und Achim Conrad als Brandner Kaspar wurden durch ihr großartiges Zusammenspiel zu den Stars der Spielzeit.
Ähnliches ist auch 2018 mit dem Faust/Mephisto Duo Thomas Hupfer und Rudolf Krause möglich - wir werden sehen, was die Spielzeit bringt. 


Wer mich kennt, weiß: Goethes "Faust - Der Tragödie erster Teil" ist DAS Theaterstück für mich. Ich habe mich so auf das Stück bei den Kreuzgangspiele gefreut, hatte aber auch Angst, dass die Inszenierung nicht meinen hohen Erwartungen erfüllen könnte. Diese Sorge war unbegründet - der Kreuzgang-"Faust" ist packend, spannend und einfach großartig umgesetzt!

"Faust" bei den Kreuzgangspielen Feuchtwangen ist definitiv das Highlight der Freilichtspiele in der Region. Das großartiges Schauspielensemble und die imposante Inszenierung der Kreuzgangspiele darf man nicht verpassen! 

Weitere Informationen, Spieltermine und Karten gibt es unter