[Interview] Bernd Berleb
Ein bekanntes Sprichwort besagt:
Was lange währt, wird endlich gut.
Darum freue ich mich, euch heute ein Interview mit Bernd Berleb präsentieren zu dürfen.
Bernd Berleb ist festes Ensemblemitglied am Landestheater Dinkelsbühl und war dort schon in vielen unterschiedlichen Rollen und Stücken zu sehen, zum Beispiel als Leo Leike in "Gut gegen Nordwind", Wolf Heide in "Frau Müller muss weg" und Philippe in "Ziemlich beste Freunde".
Im Sommer 2018 kann man den sympathischen Schauspieler als King George VI in "The King´s Speech" und als Dschafar im Kinderstück "Aladdin" erleben.
Warum bist du Schauspieler geworden? Hattest du einen Plan B, falls es mit dem Beruf Schauspieler nicht geklappt hätte?
Eigentlich wollte ich zunächst
Bildende Kunst studieren. Da ich aber von der Bürokratie der Akademien etwas
abgeschreckt wurde und ich nach dreizehn Jahren Schule nicht wieder in einem strengen Bildungsformat
stecken wollte, war ich etwas unschlüssig, was ich machen sollte. Freunde haben
mich dann bestätigt, es auf Schauspielschulen zu versuchen. Als ich damit
angefangen hatte, wusste ich sehr schnell, dass es die richtige Entscheidung
war. Ich habe mit dreiundzwanzig Jahren mein erstes Festengagement angetreten,
von daher gibt es keinen richtigen Plan B.
Hast du im Bereich
Schauspiel Vorbilder und wenn ja, wen?
Hast du Lieblingsfilme oder –
theaterstücke?
Schauspieler als Vorbilder
sind etwas schwierig, weil man ja nie genau sagen kann, wie jemand arbeitet. Es
gibt natürlich viele Schauspieler die ich großartig finde und bewundere. Benny
Claessens und Brigitte Hobmeier von den Kammerspielen München haben mich immer
sehr beeindruckt und berührt. International finde ich Anthony Hopkins und Glenn
Close toll, weil sie keine Angst haben, sich an sehr extreme und kontroverse
Rollen zu wagen. Das finde ich überhaupt toll in Menschen, wenn jemand unbeirrt
seinen Weg geht, auch wenn er damit aneckt.
Einer meiner absoluten
Lieblingsfilme ist Gefährliche Liebschaften von Stephen Frears weil der von der
ersten bis zu letzten Minute einfach nur perfekt ist. Und ein Theaterstück, das
ich unbedingt noch spielen will ist GIFT von Lot Vekemans.
Wie bist du zum Landestheater
Dinkelsbühl gekommen und was gefällt dir hier am meisten?
Ich habe mich hier ganz normal
beworben und vorgesprochen, wie die meisten Kollegen hier. Das schöne am
Landestheater Dinkelsbühl ist die Unmittelbarkeit, mit der man auf das Publikum
trifft. Die Leute sprechen eine auf der Straße oder beim Bäcker an und sagen,
wenn ihnen etwas gefallen hat, oder nicht gefallen hat. Und es freut mich, wenn
man merkt, dass man vielleicht etwas angestoßen hat.
Du warst in der
Winterspielzeit 2016/17 in den unterschiedlichsten Rollen zu sehen, zum
Beispiel als charmante Nervensäge im gleichnamigen Stück oder als verzweifelter
Vater in „Frau Müller muss weg“. Mochtest du eine deiner Rollen in diesem Winter
besonders und wenn ja, warum?
Mein Lieblingsstück in dieser
Spielzeit war "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull". Ich finde, wir
haben eine ganz eigene Atmosphäre für das Stück geschaffen. Und ich war sehr
froh, dass ich Felix Krull spielen konnte, weil mir diese Figur sehr nahe ist.
Als Schauspieler fühle ich mich auch sehr häufig als Hochstapler und man ist
auch eine Projektionsfläche für die Zuschauer, die mich ja in verschiedenen
Rollen sehen, aber mich ja gar nicht kennen.
Im Herbst 2016 hast du in „Gut gegen Nordwind“ des Landestheaters
Dinkelsbühl den Leo Leike gespielt.
Hast du vorher das Buch gelesen? Inwieweit hilft das beim Probenprozess?
Wenn es eine literarische
Vorlage zu einem Stück gibt, dann lese ich natürlich auch das Buch, weil die
Vorlage eigentlich immer ausführlicher ist als das Theaterstück. Man kann viel
über seine Figur erfahren, wie spricht sie, wie bewegt sie sich, wie wird sie
von den anderen wahrgenommen. Das fällt alles bei den Theaterdialogen weg.
Bei Gut gegen Nordwind ist das
Buch fast identisch mit der Bühnenfassung. Auch im Buch erfährt man nichts über
die beiden Protagonisten, was sie nicht von sich aus verraten und auch da kann
man nicht sicher sein, ob die Angaben stimmen. Von daher musste man sich selbst
ein Bild von der Rolle machen.
Das Stück "Schillers sämtliche Werke... leicht gekürzt" ist ja aus vielen Schiller-Stücken "zusammengewürfelt.
Welche dieser vielen Schiller-Rollen, die du im Laufe des Stückes spielst, mochtest du am meisten und warum?
Das ist nicht leicht zu beantworten. Aber am liebsten spiele ich Maria Stuart. Wir versuchen ja als die Schauspieler in dem Stück unsere Sache gut zu machen, nur leider driften die Szenen meistens mehr oder weniger ins Absurde ab. Dieses Konzept funktioniert bei dieser Szene besonders gut. Außerdem - wann hat man schon mal Gelegenheit, eine schottische Königin zu spielen?
Das Theaterstück „Die letzte
Nacht des Gustaf Gründgens“ haben Sie zusammen mit Frank Piotraschke
geschrieben und aufgeführt, unter anderem 2014 in Dinkelsbühl. Wieso hast du dir Gustaf Gründgens als Thema herausgesucht und wie lange hat es gedauert,
das Stück zu schreiben? Wie ist es, in seinem eigenen Theaterstück auf der
Bühne zu stehen - im Gegensatz zu Stücken von anderen Autoren?
Gustaf Gründgens ist
eigentlich gar nicht das Thema des Stückes. Für mich ist die eigentliche
Hauptfigur des Stückes der Antagonist Klaus Mann.
Das Schicksal von Klaus Mann
hat mich sehr bewegt, weil er immer so gesehen wird, dass er nicht aus dem
Schatten seines berühmten Vaters treten konnte und daran zugrunde gegangen ist
und sich umgebracht hat. Aber ich glaube, dass seine Frustration daher rührte,
dass seine Stimme und seine Warnungen vor den Nazis während und nach des
Krieges von den Deutschen überhaupt nicht wahrgenommen wurden. Im Gegenteil, er
wurde im eigenen Land dafür gehasst, wie übrigens viele Künstler, die ins Exil
gegangen sind,dass er den Deutschen die Wahrheit ins Gesicht geschleudert hat. Er hat die Lüge
einer ganzen Generation, die vorgegeben hat, nichts von den Verbrechen der Nazis gewusst zu haben, aufgedeckt.
Das große Geschenk, wenn man
ein Stück spielt das man selbst geschrieben hat, ist, dass man den Gedankengang
genau versteht und weiß, welche Emotionen hinter jedem Satz stecken. Man
spricht ja wirklich die eigenen Worte.
An welche Momente deiner Schauspielkarriere
erinnerst du dich auch heute noch gerne zurück? Gibt es eine Rolle (oder ein
Theaterstück) in deiner bisherigen Theaterlaufbahn, die dir besonders am
Herzen lag?
Vor einem Jahr habe ich
NOVECENTO gespielt, mein erstes Ein-Personen-Stück. Ich hatte wirklich großen
Respekt davor und war mir nicht sicher, ob ich das schaffen würde. Aber es war
eine tolle Erfahrung, die mich unglaublich weiter gebracht hat. Es ist eine
andere Herausforderung, wenn man sich als Schauspieler klar wird, dass man ganz
alleine für die Unterhaltung der Zuschauer verantwortlich ist. Sie bekommen nur
dich zu sehen.
Im Theater ist keine
Vorstellung wie die andere – gibt es Pannen oder Versprecher, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
Es kann immer etwas passieren
auf der Bühne. Mir hat ein Ausspruch eines älteren Kollegen sehr geholfen:
Theater ist ja kein Atomkraftwerk. Und das stimmt ja auch. Man stirbt zwar auf
der Bühne tausend Tode, wenn etwas schief geht, aber wirklich passieren tut ja
nichts. Das hat mir geholfen, Pannen gelassener zu sehen. Bei der letzten
Vorstellung von Petticoat und Minirock sollte ich zu meinem Kollegen Patrick
Isermeyer eigentlich sagen "Ich bin gerade mit dem jungen Mann so schön am
quackeln." Gesagt habe ich "Ich bin mit dem jungen Mann gerade so
schön am schnackseln." Da konnten wir alle vor Lachen kurz nicht
weitersprechen...
Hast du vor Vorstellungen
bestimmte Rituale und bist du in diesem Punkt abergläubisch?
Nein, zum Glück nicht. Aber
für manche Rollen gibt es Vorbereitungen, die ich vor jeder Vorstellung mache.
Welche Rollen spielst du im Sommer 2018 und gibt es in der Sommerspielzeit ein Highlight, auf welches du dich besonders freust?
Im Sommer spiele ich Dschafar in Aladin, und Bertie bzw. George VI in The King's Speech und das ist auch die Rolle, die mir sehr am Herzen liegt. Das Stück zeigte einen sehr emotionalen Ausschnitt in seinem Leben und das ist natürlich für einen Schauspieler eine tolle Herausforderung.