[Interview] Thomas Hupfer


Endlich wieder ein neues Interview!  Dieses Mal hatte ich die große Ehre, meinen Lieblingssschauspieler Thomas Hupfer zu interviewen.



Thomas Hupfer ist dem fränkischen Theaterpublikum bestens bekannt: Bis 2014 war im Theater Ansbach als Mephisto in "Faust 1" zu sehen, seit 2010 steht er nun regelmäßig auf der Bühne der Kreuzgangspiele Feuchtwangen. 
Im Sommer 2017 spielt er dort den Reformator Martin Luther in der Uraufführung "Luther".




Warum bist du Schauspieler geworden?

Ich war in der Schule in der Theater-AG und hab dabei bemerkt, dass mir das viel Spaß macht. Zusätzlich hat ein Lehrer Theaterfahrten nach Salzburg und München mit uns unternommen und die Produktionen dort haben mir jedes Mal sehr gefallen.
Ein letzter Auslöser war der Besuch einer Vorstellung von Steinbecks „Von Mäusen und Menschen“. Davon war ich so beeindruckt, dass ich nach der Vorstellung an der Garderobe geklopft habe, um mich zu bedanken. Die Begegnung mit den Schauspielern war sehr schön und hat den Gedanken in mir ausgelöst: „Ok, das will ich auch.“
Ich wusste, dass an das Theater in Salzburg, in dem wir immer wieder auf Klassenfahrt waren, auch eine Schauspielschule angeschlossen ist, und habe mir gesagt „Das probier ich mal.“ Sie haben mich zum Vorsprechen eingeladen und glücklicherweise als Schüler aufgenommen.
Ich glaube, sonst wäre ich Physiotherapeut geworden.


Du bist jetzt seit fast 20 Jahren Schauspieler. Hast du trotzdem noch Vorbilder im Bereich Theater und Film?

Mir fällt kein Name ein. Aber ich glaube, dass man von jedem Schauspieler etwas lernen kann, wenn man zuschaut. Ich freue mich über jede Kollegin und jeden Kollegen, der irgendwas Tolles auf der Bühne spielt und versuche, aus jeder Vorstellung, die mich beeindruckt, irgendwas für mich mitzunehmen. Das kann einem überall begegnen.
Wenn ich jetzt überlege, was sind die letzten drei Vorstellungen, auf die das zutrifft, dann fällt mir als erstes „Kiss Me, Kate“ hier in Feuchtwangen ein. Das ist großartig. Dann noch „Der kalte Hauch des Geldes“ zuletzt in Frankfurt, auch das war toll, und „Der Tod eines Handlungsreisenden“ in Köln.


Du spielst ja sehr unterschiedliche Rollen. Der Boanlkramer im „Brandner Kasper“ vor zwei Jahren war recht lustig, der Luther jetzt ist vom Stück her teilweise recht brutal und der Conferencier in „Cabaret“ war noch einmal etwas ganz anderes. Hast du eine Art von Rollen, die du am liebsten spielst? Oder würdest du gerne noch eine andere Art von Rollen spielen?

Die Frage nach der Traumrolle kommt immer wieder mal in Interviews und ich sage immer: Es gibt keine Traumrollen, es sind immer die Konstellationen von Menschen, die interessant sind. In einer tollen Produktion will ich dabei sein, egal als was.


Du darfst dir einen Charakter, egal ob aus einem Film, einer Serie oder einem Buch, aussuchen, um ihn auf der Bühne zu spielen. Wen wählst du und warum?

Auch da ist es dasselbe wie mit der Traumrolle. Es gibt keinen Charakter, den ich mir aussuchen würde, weil es immer auf die Arbeit, auf die Qualität der Arbeit, ankommt. Ich weiß keine Rolle und keinen Charakter, den ich mir wünschen würde. Es gibt vielleicht zwei, drei Regisseure, von denen ich sagen würde, dass ich wahnsinnig gern mit ihnen zusammenarbeiten würde, weil mir deren Arbeit gefällt und weil ich dann davon ausgehe, dass - egal welchen Stoff man bearbeitet und welche Rolle man darin hat - die Arbeit spannend und bereichernd ist. - Und das ist es, was ich suche.


Wie viel von dir selbst steckt in den Charakteren, die du auf der Bühne spielst?

Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich eine ganze Menge, aber ich kann das nicht sagen. Das ist ja klar, jede Rolle ist anders, wenn das ein anderer Mensch spielt. Das ist ja auch etwas sehr Persönliches, was man da macht.
Andererseits versucht man auch, im Geiste eines Autors oder im Sinne einer Rolle zu agieren. Es ist also nicht so, dass man sich permanent nur selbst verwirklicht, nein, man steht auch im Dienst einer Sache, der man gerecht werden will.


Traumrollen hast du nicht direkt, aber gibt es auch Rollen oder auch Stücke, bei denen du von vornherein sagst, die möchtest du nicht spielen?

Es gibt keine Rolle und kein Stück, das ich im richtigen Kontext nicht spielen würde. Es ist egal, ob das jetzt ein Mörder oder ein ganz schlimmer Verbrecher ist oder ob die Figur pervers ist. Wenn das im richtigen Kontext steht, ist das überhaupt kein Problem.
Falsche Kontexte wären zum Beispiel, wenn ich merke, dass eine Produktion insgesamt diskriminierend ist oder falscher Propaganda dient. Dann würde ich darin keine Rolle der Welt spielen wollen. Aber wenn der Kontext stimmt, dann spiele ich darin alles.


Positive Reaktionen gibt es ja immer, aber gibt es auch Zuschauer, die zu dir kommen und sagen „Du hast mit in der Rolle jetzt gar nicht gefallen“ und wie gehst du mit negativem Feedback um?

Natürlich gibt es das, dass es Leuten nicht gefällt und wenn sie das auch äußern, dann sind das meistens die spannenderen Gespräche, die man führt. Ich frage dann, was nicht gefallen hat und warum.
Kritik kann dann ein Einstieg in ein sehr interessantes Gespräch sein, und ich bin ja froh, wenn sich Menschen mit dem, was auf der Bühne passiert, auseinandersetzen.
Meistens ist es aber so, dass nur die, denen´s gefällt, auf einen zukommen und die, denen´s nicht gefällt, sagen nichts, wobei mich deren Meinung auch interessieren würde, klar.
Gespräche, in denen gelobt wird, sind ja in der Regel sehr kurz und enden mit „Danke.“


Bleibt dir neben dem Theater noch Zeit für Hobbys?

Ja, es bleibt Zeit für Hobbys. Ich singe jetzt seit gut einem Jahr in einem Chor, im Filmhaus Chor in Köln.
Ich habe auch angefangen, Schlagzeugunterricht zu nehmen. Aber wirklich als Hobby, ich hab damit keine irgendwie gearteten großen Ziele. Das ist wirklich nur, weil´s Spaß macht.
Und ich komme auch dazu, Sport zu machen und lese auch Sachen, die nichts mit dem Beruf unmittelbar oder einer Produktion zu tun haben.


2017 ist deine 7. Saison bei den Kreuzgangspielen in Feuchtwangen. Das macht den Eindruck, dass es dir hier gefällt. Gibt es dafür bestimmte Gründe?

Das hat viel zu tun mit der Person Johannes Kaetzler. Er ist ein Intendant, der sowohl künstlerisch als auch menschlich ein sehr hohes Niveau hat. Die Kombination ist großartig und deswegen komme ich gerne hierher.
Was er auch schafft ist, Konstellationen von Menschen zu schaffen, mit denen es einfach Spaß macht zu arbeiten.
Ich kann hier tolle Sachen spielen und ich genieße das.
Und es tut auch gut, längere Zeit nicht in der Großstadt zu verbringen. Das hat schon auch Lebensqualität hier. Die Luft ist gut, man hat Natur ringsum...
Insgesamt sind es viele, viele Faktoren, warum ich gerne hierher komme.


2014 hast du ja den Conferencier im Musical „Cabaret“ gespielt. Kannst du dir vorstellen, nochmal ein Musical zu machen oder in die Musicalrichtung zu gehen?

Das ist schnell beantwortet. Ja.


Letztes Jahr hast du Georg Büchners „Lenz“ für die Kreuzgangspiele inszeniert, den Oberlin gespielt und die Bühnenfassung geschrieben. Warum hast du dich ausgerechnet für Lenz entschieden, um es auf die Bühne zu bringen?

Es ging darum, ein Jugendstück für den Nixelgarten zu machen. Also sollte es ein Stoff für Jugendliche sein. Im Nixelgarten hatte es in den Jahren vorher mit „Effie Briest“ und dem „Werther“ tolle Literaturbearbeitungen für ein junges Publikum gegeben und irgendwie war der Weg zum Lenz dann gar nicht so weit.
Und es ist ja nicht allein meine Entscheidung, den Spielplan mache ja nicht ich, aber auch Johannes Kaetzler fand die Idee gut, „Lenz“ zu machen.


Wie lange hast du dann dafür gebraucht, das Stück zu schreiben?

Ich hab im Sommer vor der Aufführung damit angefangen, aber es wäre übertrieben zu sagen, ich hätte ein Jahr daran geschrieben.
Es gab intensive Schreibphasen von zwei, drei Wochen, und dann legt man die Aufzeichnungen weg, liest sie nach einem Monat wieder frisch und wundert sich selbst darüber, was da steht, und schreibt neu, überarbeitet...
Also die Textfassung stand zu Probenbeginn nach etwas einem halben Jahr, mit vielen Unterbrechungen.


Es gibt wenige Menschen, die den Verlauf der Geschichte so sehr geprägt haben wie Martin Luther. Du spielst dieses Jahr diesen Jahrtausendcharakter im gleichnamigen Stück bei den Kreuzgangspielen. Warum hast du dich entschieden, die Rolle anzunehmen? Wie hast du dich darauf vorbereitet, eine Person wie Martin Luther zu spielen?

Es kam die Anfrage, Martin Luther zu spielen und ich wusste ja sofort, dass Johannes Kaetzler als Intendant und Yves Jansen als Regisseur für die Produktion verantwortlich sind. Yves Jansen kannte ich schon von unserer Zusammenarbeit an „Wilhelm Tell“ (Produktion der Kreuzgangspiele 2014), und auch in ihn habe ich, wie in Johannes Kaetzler, größtes Vertrauen. Deshalb gab´s nicht viel zu überlegen, ob ich das mache oder nicht.
Und was die Vorbereitung betrifft – da hilft nur eins. Lesen, lesen, lesen - und zwischendurch zur Entspannung mal ein paar Bilder oder Videos anschauen, aber erstmal muss man sich da reinlesen zum Verständnis.


Hast du dir auch den Film angesehen, auf dem das Stück basiert? Hast auch dann auch was für dein Schauspiel mitgenommen oder dachtest du dir, du willst lieber dein eigenes Ding machen?

Ich hab den Film ganz am Anfang gesehen, nur einmal, und kann mich tatsächlich gar nicht mehr im Detail daran erinnern. Alles andere, was dann an Informationen kam, kam hinterher und hat diesen ersten Eindruck nach und nach überlagert. Es war auch nicht mein Ziel, daraus irgendwas nachzuspielen. Nie.


Du hast dich dadurch auch viel mit dem Menschen Martin Luther auseinandergesetzt. Wenn du die Möglichkeit hättest, in der Zeit zurück zu reisen oder Martin Luther in unsere Zeit zu holen und ihm drei Fragen zu stellen, was würdest du ihn fragen?

Erstens: „Worauf sind Sie stolz?“. Dann würde ich ihn fragen: „Was bereuen Sie?“ Und dann würde mich interessieren, inwieweit Martin Luther sich jemals der Auswirkungen, die sein Handeln haben wird, bewusst war.
Und wenn dann noch Zeit wäre, würde ich ihn als viertes fragen, wie ihm unsere Aufführung gefällt, ob er irgendwas wiedererkennt oder ob wir ihn völlig missverstanden haben.


Das Stück „Luther“ beinhaltet teilweise recht brutale Szenen, zum Beispiel peitschst du dir als Martin Luther den Rücken mit einem Gürtel aus. War da etwas für dich schwerer zu spielen als andere Szenen?

Wenn man bedenkt, was es in der Zeit, in der das Stück spielt - im ausklingenden Mittelalter - an Brutalität gab und wenn man sich dem in Filmen, Bildern und Lektüre ein klein wenig genähert hat, dann ist es total harmlos, sich ein bisschen mit dem Gürtel auszupeitschen. Das ist nur eine Kleinigkeit, im Vergleich zu der Brutalität und Härte, die in der Zeit Gang und Gebe war.


Zum Abschluss: Darfst du schon deine Pläne für die Zeit nach den Kreuzgangspielen 2017 verraten?

Jetzt direkt im Anschluss mache ich eine Inszenierung von „Der talentierte Mr. Ripley“ in Köln, am Freien Werkstatt Theater, die Premiere ist am 27. September.
Im Oktober nehmen wir „Lenz“ in Köln wieder auf und spielen auch ein paar Vorstellungen in Frankfurt.
Das sind die Sachen, die jetzt fix sind. Alles was für danach im Gespräch ist, ist noch nicht unterschrieben.