Jesus Christ Superstar Dinkelsbühl - 21.7.15


Die Kinderzeche. Die fünfte Jahreszeit, in der ganz Dinkelsbühl in den Ausnahmezustand versetzt wird.

Perfekte Zeit, um mal wieder ins Theater zu gehen. 

Nachdem ich in meiner frühen Schulzeit einige wenige Kinderstücke auf der Freilichtbühne des Landestheaters Dinkelsbühl gesehen hatte, ging mir irgendwann das Interesse an diesem Theater verloren.
Eine Stückauswahl, der ich nichts abgewinnen konnte, tat ihr übriges.

Bis zum letzten Jahr. Als für die Sommerspielzeit 2014 Andrew Lloyd Webbers Musical "Jesus Christ Superstar" angekündigt wurde, war ich ziemlich begeistert.
Allerdings konnte das Stück letztes Jahr aufgrund von Lizenzproblemen nicht aufgeführt werden.
Nun gut, was lange währt, wird endlich gut und so gelang es Dinkelsbühl, sich die Aufführungsrechte für 2015 zu sichern und es diesmal auch sicher aufführen zu können.


Leider gab es hier einige unschöne Kontroversen um das Stück, einen kleinen Einblick gibt dieser Artikel der Süddeutschen Zeitung.
Ich finde es beschämend, dass man im 21. Jahrhundert die Freiheit der Kunst, sei es Malerei, Literatur oder eben das Theater, gegen einige wenige auf ihr verzerrtes Weltbild verbohrte Menschen verteidigen muss.



Nun aber zu meinem Theaterbesuch. 

Die Handlung umfasst die letzten 12 Tage vor der Kreuzigung Jesu.
Ich denke mal, dass diese Geschichte jedem bekannt ist.

Allerdings ist das Musical mehr aus der Sicht von Judas erzählt, was spannende neue Aspekte im Vergleich zum biblischen Original mit sich bringt.




Das Bühnenbild ist für Freilichtbühnenverhältnisse relativ aufwendig, aber gleichzeitig auch schlicht.
Dinkelsbühl verzichtet auf unnötigen Dekor und Prunk und passt damit die Kulisse dem Schauplatz des Musicals an.
Die Band ist mit in das Geschehen integriert, sie verweilt während der Vorstellung in einem "Karawanen"-Zelt am linken Bühnenrand.

Peter Cahns Inszenierung beginnt ungewöhnlich. Die Darsteller ziehen als Hippies durch den Zuschauerraum ein und ziehen dann auf und hinter der Bühne ihre "Jesus Christ Superstar" Kostüme an.
Ähnlich endet das Stück auch, sie legen ihre Kostüme wieder ab und verlassen die Bühne wieder als Hippies.
An sich finde ich das eine originelle Idee, allerdings geht durch diesen Prolog/Epilog die Wirkung des Schlusses des Musicals verloren, was ziemlich schade ist.
Das Publikum mit Jesus´ letztem Satz im Stück, "Vergib ihnen, Vater, denn sie wissen nicht, was sie tun.", zu entlassen, wäre so wirkungsvoll. 

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Stück auf Deutsch aufgeführt wird. Ich habe Verständnis dafür, dass jeder das Stück verstehen soll. Allerdings ist die deutsche Übersetzung meiner Meinung nach an manchen Stellen etwas holprig. 


Andrew Lloyd Webbers Rockmusical ist fast durchkomponiert, wodurch es kaum klassische gesprochene Dialoge gibt.
Essentiell für diese Art von Musical sind gute Sänger, die Dinkelsbühl glücklicherweise aufbieten kann.


Das gesamte Ensemble besticht durch starke Stimmen, tolle Choreographien und eine wahnsinnige Spielfreude.
Man merkt allen Beteiligten, seien es die Statisten oder die Musiker, an, dass es ihnen Spaß macht, bei diesem Stück auf der Bühne zu stehen. 
Die Ensemblenummern haben eine fantastische Wirkung, sie wirken deutlich, klar und harmonisch.


Einige der Schauspieler stechen natürlich aufgrund ihrer Rollen hervor.

Zum einen sind das Jens Rainer Kalkmann als Kaiphas und Katharina Felling als Hohepriester Annas. Nicht nur im Zusammenspiel mit den beiden Priestern, gespielt von Julian Niedermeier und Andreas Peteratzinger, machen ihre Szenen absolut Spaß.

Beatrice Forler als Maria Magdalena überzeugt stimmlich und schauspielerisch.
Perfekt besetzt, finde ich. 


Den Namensgeber des Stücks spielt Thorsten Engels
Anfangs war ich etwas skeptisch, da mich sein Gethsemane bei zwei Vorveranstaltungen nicht zu 100% überzeugen konnte. Nun im Stück hat sich das zum Glück geändert. Sein Jesus muss sich nicht vor großen Namen wie Drew Sarich oder Alexander Klaws verstecken, den Engels spielt und singt die Rolle einfach großartig. 
Besonders in der zweiten Hälfte des Stücks wird das deutlich. 


Der Verräter Judas wird von Marco Wiskandt gespielt.
Ich nehme ihm voll ab, dass er Jesus nur stoppen will, nicht aber mit dessen Tod rechnet. 
Sein Judas schwankt zwischen Selbstgefälligkeit und Selbstüberzeugung (bis zu Jesus´ Verhaftung) und Verzweiflung. 
Außerdem ist Wiskandt gesanglich absolut überzeugend, sein "Weil sie ach so heilig sind" hat wie Judas´ andere Parts Gänsehaut-Faktor.




Abschließend kann ich jedem nur ans Herz legen, sich diese großartige "Jesus Christ Superstar" Inszenierung anzusehen. Es gibt noch ein paar Möglichkeiten, Termine und weitere Infos findet ihr hier.

Nicht nur das Stück an sich, sondern auch das tolle Ensemble machen diese Inszenierung absolut sehenswert!




Mein persönlicher Theatersommer ist fast wieder zu Ende. 
Ein Besuch bei Jesus Christ Superstar, ein Besuch beim Brandner Kaspar und ein Konzert (worüber ich wohl bloggen werde) stehen noch an.




Yasmin