Die letzte Nacht des Gustaf Gründgens - 8.11.2014


"Die letzte Nacht des Gustaf Gründgens". Schon der Titel des Stückes lässt nicht unbedingt vermuten, dass es für junge Menschen wie mich interessant sein könnte.
"Gustaf Gründgens - wer soll das sein?" würde man wohl als häufige Reaktion von normalen jungen Erwachsenen bekommen.

Nunja. Ich interessiere mich für Dinge, die eher ungewöhnlich für 19-Jährige sind. Shakespeare, zum Beispiel. Oder Goethe. Oder Theater. 
Dadurch war mir der Name Gustaf Gründgens ein Begriff, da seine wohl bekannteste Rolle der Mephisto in Goethes Faust war. 

Wer Gründgens nicht kennt, sollte ihn mal googlen. Oder Faust auf Youtube anschauen. Mir egal. Hauptsache Ihr wisst, dass er eine der bekanntesten Schauspieler und Regisseure des 20. Jahrhunderts war. 

Da ich mich sehr für Theater sowie dessen Hintergründe interessiere, zögerte ich nicht lange, als ich las, dass "Die letzte Nacht des Gustaf Gründgens" im Landestheater Dinkelsbühl aufgeführt werden sollte. 
Dinkelsbühl ist mein Heimatstädtchen, also war der Weg nicht wirklich weit.
Zudem kostete das Ticket nur 11 Euro, was ich als richtig günstig empfand.


Die Handlung des Stückes lässt sich schnell zusammenfassen.
Gustaf Gründgens nimmt nach einem Streit mit seinem Reisegefährten Schlaftabletten. Daraufhin erscheint ihm sein ehemaliger Freund und Feind Klaus Mann, der eigentlich schon lange tot ist.
Gründgens und Mann rekapitulieren die gemeinsame Freundschaft und Gründgens muss sich schließlich wieder für seine Handlungen zur Zeit der Nationalsozialisten rechtfertigen, bevor er an einer Überdosis Schlaftabletten stirbt.

Die beiden Darsteller Frank Piotraschke und Bernd Berleb haben das Stück nach einer wahren Begebenheit selbst verfasst. 
Ich fand das Stück und die Sprache ziemlich klasse, eines ist mir aber besonders positiv aufgefallen. Als Gründgens sich zu seinen Taten im Dritten Reich äußert, werden wörtliche Zitate des Schauspielers verwendet.
Zudem kommt die Inszenierung mit sehr wenig Kulissen aus, besteht das Bühnenbild doch nur aus einem Tisch, zwei Stühlen und einem angedeuteten Hotelzimmereingang.

Das Stück lebt von seinen Darstellern, die beide wirklich auf hohem Niveau spielten.

Frank Piotraschke spielt Gustaf Gründgens ziemlich überzeugend. Ich kann natürlich nicht wirklich beurteilen, wie nah er Gründgens von der Art und Sprache her kommt, da es viel zu wenig Video-Interviews mit ihm gibt. Ich persönlich fand sein Schauspiel sehr gut.
Als er das typische Mephisto Make-Up anlegte, war eine Ähnlichkeit mit dem berühmten Schauspieler jedoch unverkennbar.
Piotraschke zeigt Gründgens Zwiespalt zwischen heiler Theaterwunschwelt und der nationalsozialistischen Realität sehr deutlich. 
Meiner Meinung nach eine hervorragende Leistung.

Bernd Berleb spielt zwei Rollen. Zuerst ist er als Gründgens´ Liebhaber Jürgen zu sehen, danach tritt er als Klaus Mann in Erscheinung.
Er spielt den Schriftsteller sehr provokant gegenüber Gründgens und lässt in Bezug auf dessen nationalsozialistische Vergangenheit nie locker. 
Auch von ihm hervorragend.


Abschließend kann ich diese Inszenierung nur loben. Die Handlung ist interessant, plausibel und hat an Aktualität nichts eingebüßt. Auch heute gibt es autoritäre Regierungen, bei denen man abwägen muss, wie man sich verhält. 
Zudem wird das Stück von zwei hervorragenden Schauspielern getragen, die in ihren Rollen absolut überzeugen. 


Wenn Ihr die Möglichkeit habt, dieses Stück zu sehen und euch auch nur ansatzweise für Gründgens interessiert, kann ich euch "Die letzte Nacht des Gustaf Gründgens" nur weiterempfehlen. Ihr werdet es nicht bereuen. ;)


Yasmin